Drei Figuren tanzen.

Tanzend durch die Therapie – der schwungvolle Weg zum Wohlbefinden

von Vanessa Oheim

Den Begriff Tanztherapie haben viele Menschen in Deutschland vermutlich noch nicht gehört und wenn doch, werden sich die Meisten nicht weiter damit beschäftigt haben. Oftmals stößt man deshalb mit diesem Thema auf Unverständnis und Unwissen, wodurch Aussagen wie „Dann kann ich doch genauso gut in die Tanzschule gehen“ oftmals zu Tage kommen. Doch was macht die Tanztherapie aus? Wie unterscheidet sie sich von anderen Therapieformen und vom Tanzen in öffentlichen Tanzschulen?

Wie lassen sich Tanz und Therapie vereinen?

Die Tanztherapie gehört zu den Körperpsychotherapien und zählt als künstlerische Therapie. Diese integrationsfördernde Therapiemethode soll den Teilnehmer*innen den Zugang zu psychischen Prozessen ermöglichen. Die Grundlage ist das Biopsychosoziale Modell. Die Tanztherapie baut auf der Wechselwirkung zwischen Körper, Psyche und Umwelt, also den sozialen Faktoren, auf.

Was unterscheidet die Tanztherapie von anderen Therapieformen?

Wichtig in vielen Therapiearten ist die zwischenmenschliche Kommunikation. Hierbei legt die Tanztherapie vor allem Wert auf nichtsprachliche Interaktions- und Kommunikationsformen. Diese können zusätzlich im Zusammenspiel mit verbalen Methoden stattfinden. Nonverbale Interaktions- und Kommunikationsformen beinhalten in der Tanztherapie viele verschiedene Methoden der Bewegungsführung. Diese entstammen meist aus dem künstlerischen Tanz und werden mit Wahrnehmungsprozessen ergänzt.  Darunter fällt beispielsweise die Improvisation, aber auch die Nachahmung von Rollen oder die empathische Nachahmung. Durch verschiedene Objekte und tänzerische Methoden kann die Tanztherapie variabel gestaltet werden. Zusätzlich können Rituale den Teilnehmenden Sicherheit bieten. Dabei wird jederzeit Rücksicht auf die individuellen Bedürfnisse und Potentiale der Teilnehmenden genommen. Die Tanztherapie kann als Einzel- oder Gruppentherapie durchgeführt werden, je nach den Bedürfnissen der Teilnehmenden. Generell wird die Tanztherapie sehr individuell auf die Teilnehmer*innen und deren Lebenslagen angepasst. 

Durch diese oben genannte Methodenvielfalt ist eine Anwendung in den verschiedensten Altersgruppen möglich. So können alle Menschen vom Kleinkind- bis zum Seniorenalter, mit oder ohne Behinderungen oder Vor-/Suchterkrankungen von einer Tanztherapie profitieren. 

Zwei große Bereiche, in denen die Tanztherapie Anwendung findet, sind im medizinischen Setting sowie in der freien Praxis.  

Die Ziele der Tanztherapie fallen, je nach Setting und Teilnehmer*innen, sehr vielfältig und individuell aus. Übergeordnet will die Tanztherapie für eine Verbesserung der Lebensqualität sorgen und somit durch die Erhaltung, Förderung und Wiedererlangung der psychischen und physischen Gesundheit ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.

Die Ziele der Tanztherapie.
Grafik: Lisa Stelzenmüller

Tanztherapie im medizinischen Setting und in der freien Praxis

Das medizinische Setting

Die Anwendung kann im medizinischen Setting als Prävention, als Gesundheitsförderung, während einer Behandlungsphase, als Teil der Rehabilitation und in der palliativen Therapie zum Einsatz kommen. Diese Unterstützung durch die Tanztherapie im Krankheitsverlauf kann bei psychischen, psychosomatischen, psychiatrischen oder auch körperlichen Erkrankungen eingesetzt werden. Beispielsweise kann die Tanztherapie während der Behandlung von somatoformen Störungen, von chronischen Schmerzen, von Traumata, von Angstzuständen oder auch von Essstörungen eingesetzt werden. Die Tanztherapie findet auch bei der Behandlung vieler weiterer Erkrankungen Anwendung, weshalb immer mit dem*der Tanztherapeut*in und behandelnden Arzt*Ärztin bzw. Psycholog*in abgesprochen werden sollte, ob eine Tanztherapie für die individuelle Erkrankung sinnvoll ist. Dadurch, dass die Tanztherapie bei einer solchen Vielzahl von Situationen eingesetzt werden kann, findet man diesen Anwendungsbereich häufig in Vor- und Nachsorgeeinrichtungen, in Heimen und in verschiedensten Kliniken wieder. Das Hauptziel in diesem Setting ist das Schmerzempfinden der Patient*innen zu lindern und die allgemeine Befindlichkeit dieser zu verbessern. Darüber hinaus zielt die Tanztherapie auf der psychischen Ebene vor allem auf die Krankheitsverarbeitung und Steigerung des Selbstwertgefühls ab. Auf der physischen Ebene stehen hingegen die Schmerzlinderung sowie die körperliche Fitness und Leistungsfähigkeit im Vordergrund. Außerdem spricht die sportliche Aktivität verschiedenste Systeme, wie das Herz-Kreislauf-System, das Hormon-, das Immun- und das Nervensystem an. Dadurch wird beispielsweise das Risiko, an Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu erkranken, zusätzlich gesenkt. Insgesamt müssen die Ziele und die Methoden der Tanztherapie-Stunden individuell auf die Patient*innen und deren Einschränkungen durch eventuelle Erkrankungen angepasst werden. 

Anwendungsbeispiel bei der Tanztherapie bei einer Krebserkrankung

Durch eine Krebserkrankung und den daraus resultierenden körperlichen Folgen werden Patient*innen oft aus ihrem alltäglichen Leben gerissen und ihre Lebensqualität kann sehr darunter leiden. Schmerzen, Müdigkeit und Appetitlosigkeit sind keine seltenen Folgen. 

In diesem Fall richtet sich die Durchführung der Tanztherapie insbesondere nach dem Stand der Behandlung. Hier soll Tanztherapie für den Umgang mit Ängsten, Traurigkeit, Sorgen und Beeinträchtigungen im Alltag eine Hilfestellung bieten. Generell ist ein übergeordnetes Ziel der Tanztherapie während einer Krebsbehandlung, dass die Lebensqualität erhalten oder gefördert und somit das Wohlbefinden verbessert wird. Außerdem steht häufig das Reduzieren oder Beheben der Symptome und das Ermöglichen eines selbstbestimmten Lebens im Vordergrund. Von eventuellen Ängsten, die durch eine Krebserkrankung entstanden sein können, soll durch die Tanztherapie ebenfalls abgelenkt werden.

Die freie Praxis

Die Tanztherapie findet auch in der freien Praxis Anwendung. Hierfür sind hauptsächlich private Praxen zuständig. Teilnehmer*innen sind meistens Personen, die aus eigenem Antrieb die Tanztherapie für sich und ihr Wohlbefinden nutzen möchten. Dabei ist zu beachten, dass es sich hierbei meist nicht um eine Krankenkassen-Leistung der gesetzlichen Krankenkassen handelt, weshalb die Teilnehmenden die Kosten selbst tragen müssen. Ob in Ausnahmefällen eine Übernahme von Kostenteilen erfolgen kann, sollte vor Therapieantritt mit der jeweiligen gesetzlichen oder privaten Krankenkasse und der Therapiepraxis abgeklärt werden. 

Im Setting der freien Praxis stehen neben individuellen Zielen die Steigerung des Selbstwertgefühls und die Persönlichkeits- und Entwicklungsförderung im Vordergrund. 

Tanz und Therapie lassen sich wunderbar vereinen, um vielen Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. Ein großer Vorteil ist, dass die Therapie sehr individuell an die Bedürfnisse, Eigenschaften und Potentiale der Teilnehmer*innen angepasst werden kann. Die Tanztherapie kann sowohl bei psychischen als auch körperlichen Beschwerden eingesetzt werden, wobei immer die Verbesserung der Lebensqualität im Mittelpunkt steht.

Tanztherapie auf einen Blick.
Grafik: Lisa Stelzenmüller
Tanztherapie Imagefilm des BTD.
Video: Berufsverband der TanztherapeutInnen Deutschlands e.V.