Das „fff“ macht den Unterschied

von Noah Streckhardt

Atmen – Wir beginnen unser Leben mit dieser Tätigkeit und es ist der letzte Vorgang vor unserem Ableben. Allein diese Tatsache stellt die Besonderheit und Wichtigkeit der Atmung unter Beweis.

Es ist etwas, was die meisten Menschen nicht aktiv wahrnehmen. Es ist ein Prozess, welcher unbewusst und vollkommen unwillkürlich abläuft. Wir nehmen Sauerstoff beim Einatmen auf und geben Kohlendioxid beim Ausatmen wieder ab. Dabei müssen wir nicht einmal aktiv darüber nachdenken. Unser Körper ist in der Lage, auch im Schlaf diesen lebenswichtigen Vorgang aufrecht zu erhalten. 

Man darf seine Aufmerksamkeit einem solch wichtigen Thema im Laufe seines Lebens gern hin und wieder widmen. Ohne Essen können Menschen wochenlang auskommen, ohne Trinken hingegen nur ein paar Tage. Wird die Versorgung mit Sauerstoff allerdings nicht gewährleistet, sterben die ersten Gehirnzellen schon nach wenigen Minuten ab. Vergessen zu atmen, wäre also mehr als nur gefährlich.

Eine Fokussierung auf unseren Atemvorgang kann viele Vorteile mit sich bringen. In der Meditation beispielsweise verbindet die Atmung Körper und Geist. Im Alltag kann man durch bewusstes, ruhiges Atmen vielen Stresssituationen deutlich besser die Stirn bieten. Das Atmen löst wichtige Stoffwechselvorgänge im Körper aus, wobei der aufgenommene Sauerstoff ein essenzieller Bestandteil der chemischen Prozesse innerhalb der Zellen ist.

Im menschlichen Körper wird die Atmung durch viele verschiedene Muskeln nicht nur beeinflusst, sondern gänzlich gesteuert. In der heutigen Arbeitswelt kann es passieren, dass viele der am Atemprozess beteiligten Muskeln schwach oder gar völlig verkümmert sind, da sich die Menschen nicht mehr ausreichend bewegen und die Atemmuskulatur dadurch nicht mehr ausreichend genutzt wird. Der aktuelle, globale Pandemiezustand verschlimmert diesen Zustand, bedingt durch das ständige Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Aus diesen Gründen lohnt es sich, die Atemmuskulatur zu trainieren, ein Bewusstsein dafür zu schaffen und die Leistungsfähigkeit deutlich zu steigern.

Unsere Atemmuskulatur

Dem Zwerchfell, als zentrale Taktgeber in unserem Körper, kommt hierbei eine wesentliche und entscheidende Rolle zu. Mit der Kontraktion der Muskel-Sehnen-Platte wird ein Atemvorgang in Bewegung gesetzt. Beim Anspannen des Zwerchfells flacht dieses aus seiner entspannten, kuppelförmigen Ruhestellung ab und breitet den Atemraum nach unten hin aus. Die äußeren Zwischenrippenmuskeln, die während der Einatmung ebenfalls kontrahieren, bringen die Rippen dazu, sich näher zueinander zu bewegen. Das führt dazu, dass sich der Brustkorb hebt. Durch diese beiden Bewegungen wird die Lunge ausgeweitet und mit Sauerstoff gefüllt. Das Ausatmen ist zunächst ein vorwiegend passiver Vorgang, wobei sich Zwerchfell und Zwischenrippenmuskeln wieder entspannen. Bei einer tiefen und aktiven Ausatmung wird die gesamte Bauchmuskulatur sowie das Beckenzwerchfell aktiviert.

Ein kleines Quiz zur Atemmuskulatur.
Grafik: Johanna Beck

Unter Berücksichtigung dieser Grundlage ist es also überaus sinnvoll, sich nicht nur das richtige Atmen erneut bewusst zu machen, sondern es auch als Training der gesamten Körpermitte anzusehen. Denn daraus resultiert eine verbesserte Körperhaltung, eine deutlich spürbare Stabilität im gesamten Rumpfbereich und eine ganz neue Lebensqualität. Das alles kann durch richtiges Atmen erreicht werden.

Atemtraining – das Unbewusste bewusst machen

Das Einatmen an sich ist bereits ein Training für die dabei aktive Muskulatur. Die Ausatmung ist ebenso wichtig und steht in diesem Trainingsprozess im Vordergrund, da sich die Bauchmuskulatur, das Beckenzwerchfell und die inneren Zwischenrippenmuskeln dadurch trainieren und stärken lassen. Mit den folgenden Übungen lässt sich unsere Atmung nahezu überall und jederzeit trainieren. Dabei wird am Ende des Ausatmens mithilfe eines scharfen „fff“-Lautes eine Kontraktion erreicht, welche die beteiligten Muskeln hervorragend ansteuert.

Im Video werden verschiedenen Übungen zum Atemtraining gezeigt. Sie können währenddessen mitgemacht werden.
Video: Johanna Beck, Lena Schulz, Merle Walter, Henriette König

Mit den vorgestellten Übungen werden alle Muskeln, welche am Vorgang der Atmung beteiligt sind, in vollem Umfang trainiert und an ihre natürlich gegebene Funktion wieder herangeführt oder in ihrem Wirken gestärkt. Getrost dem Motto „use it or lose it“ ist ein funktionsgemäßes und tiefes Atmen das bestmögliche Training für unseren Atemapparat.